Basierend auf den unten ausgeführten theoretischen Überlegungen wurde die Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin (AIM) im Sommer 1992 gegründet und im Frühjahr 1993 als gemeinnütziger Verein registriert. Sie entstand aus dem Anliegen, eine Medizin zu entwickeln, die den Menschen in ihren vielfältigen Bezügen gerecht wird, und den in unserem Gesundheitssystem praktizierten Dualismus einer “Medizin für Körper ohne Seelen” auf der einen Seite und einer “Medizin für Seelen ohne Körper” auf der anderen überwindet. Da es das Ziel der AIM ist, die verlorengegangene oder unterrepräsentierte bio-psycho-soziale Dimension in die Spezialgebiete der Medizin zurückzubringen, wurde bei der Namensgebung bewusst auf das Attribut “psychosomatisch” verzichtet. Integrierte Medizin ist immer und ausdrücklich auch psychosomatisch.
Behandlungen auf der Basis des naturwissenschaftlichen Menschenbildes führen oft zu großen Erfolgen, besonders bei akuten Krankheiten. Dennoch ist das Paradigma der “Schulmedizin” als Fundament der Ausübung der Heilkunde unzureichend. Für komplexe Behandlungssituationen, wie sie z.B. bei vielen chronischen Erkrankungen immer wieder auftreten, wird ein umfassenderes Verständnis für die körperlichen, mentalen, seelischen und sozialen Reaktionen des Patienten und deren Wechselwirkungen benötigt. Die naturwissenschaftliche Medizin ignoriert aber nicht nur die Person des Kranken, sondern auch das “bei weitem am häufigsten verwendete Medikament – die Droge Arzt” (Michael Balint), für welches es bislang keine ausreichende Pharmakologie und Toxikologie gibt.
Die Krankenbehandlung kann so wieder zu einem erfüllenden Beruf werden.
Die Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin tritt deshalb für einen Paradigmenwechsel ein und will “den Dualismus einer Medizin für seelenlose Körper und einer Medizin für körperlose Seelen” (Thure von Uexküll) überwinden. Integrierte Medizin nutzt die Errungenschaften der Schulmedizin, sieht zugleich aber den Patienten als Interpretanten seiner Umwelt und versucht, ihn in seiner nur ihm gehörigen, individuellen Wirklichkeit zu verstehen, unter Berücksichtigung des Beobachterproblems.
Von der neuen Sichtweise profitieren gerade Kranke mit schwierigen Erkrankungs- und Behandlungssituationen. Passungsverluste zwischen Patient und Umwelt können überwunden werden, Heilung und der Umgang mit einer chronischen Krankheit werden gefördert. Die Beziehung zwischen Patient und Arzt gewinnt an Tiefe und Lebendigkeit. Die Krankenbehandlung kann so wieder zu einem erfüllenden Beruf werden.
Mittlerweile hat die AIM ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert. Die Organisationsstrukturen haben sich weiter entwickelt, Theorie und Praxis sind eng miteinander verwoben, ein enger Bezug zwischen täglicher praktischer Tätigkeit, wissenschaftstheoretischen Grundfragen und der Lehre wurde von Anfang an gefordert und gepflegt. Daher gehören zu den inzwischen fast 200 Mitgliedern der Akademie Ärzte aus allen Fachgebieten und Versorgungsbereichen, Psychologen, Pflegekräfte, Linguisten, Körpertherapeuten und andere. Die Spannbreite der Erfahrungsfelder reicht vom Studenten über Psychotherapeuten, Haus- und Fachärzten in eigener Praxis, Ärzten und Psychologen in der Rehabilitation bis zum Chefarzt und Hochschullehrer.
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