Zum Tod von Wolf Langewitz (27.10.1951 – 28.12.2024)

Ein Nachruf

Von Werner Geigges

Am 28.12.2024 verstarb Wolf Langewitz im Alter von 73 Jahren in Basel.

Die Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin (AIM) verliert mit ihm einen hoch angesehenen Arzt, Lehrer und Forscher.

Seit seinem Wechsel an die Abteilung Psychosomatik der Inneren Medizin am Universitätsspital Basel verband ihn eine tiefe Freundschaft mit Thure von Uexküll bis zu dessen Tod 2004. Angeregt durch das Uexküll‘sche Modell einer Integrierten Medizin als nicht-dualistische Heilkunde, beschäftigte er sich schon in seiner Habilitation, ganz in der Forschungs-Tradition seines Lehrers, mit Psychophysiologie: der vagalen Aktivität bei Bluthochdruck.

Ebenso war ihm wichtig, dass Psychosomatik nicht ausschließlich eine Spezialdisziplin der Medizin sein sollte, in die psychosoziale Aspekte kranker Menschen „outgesourced“ werden können, sondern zu einer Transformation der zunehmend apparativ-technischen Medizin hin zu einer patienten-orientierten Humanmedizin beitragen sollte.

Wolf Langewitz sah hierfür in der Erforschung und Optimierung der Arzt-Patienten-Kommunikation einen entscheidenden Schlüssel und widmete diesem Anliegen einen Großteil seiner beruflichen Kraft und Leidenschaft.

Dabei kam ihm hier sein besonderes Talent zugute, hoch-komplexe Zusammenhänge kommunikativen Handelns auf ihren wesentlichen Kern zu reduzieren und damit Grundlagen für empirische Forschung sowie praktische Trainingsprogramme zu schaffen. Das von ihm entwickelte WWSZ-Schema (Warten-Wiederholen-Spiegeln von Emotionen-Zusammenfassen) erweist sich immer noch, sowohl im Kommunikationstraining von StudententInnen als auch im Curriculum Psychosomatische Grundversorgung für ÄrztInnen als gut vermittelbar. Wissenschaftlich gelang ihm damit der Nachweis empirischer Evidenz, sowohl im Hinblick auf die verbesserte Qualität der Arzt-Patienten-Beziehung, als auch die Qualität der medizinischen Versorgung selbst. Diese Arbeit war eingebettet in neue institutionelle Netzwerke:

  • 1998-2007 war Wolf Langewitz geschäftsführender Leiter der Abteilung Psychosomatik der Inneren Medizin am Universitätsspital Basel, seit 2007 stellvertretender Leiter
  • 2002-2012 Vorstandsmitglied der European Association for Communication in Health Care (EACH)
  • 2006-2010 Präsident der EACH
  • seit 2002 Leiter des Instituts für Psychosomatische Medizin Basel mit Fähigkeitsausweis Psychosomatische und Psychosoziale Medizin (SAPPM); Kommunikationstraining für Niedergelassene und Klinik-Mitarbeiter
  • seit 2002 verantwortlich für Inhalt und Umsetzung von sozialen und kommunikativen Kompetenzen in der Lehre an der Medizinischen Fakultät Basel
Wolf Langewitz

Auf den Spuren Thure von Uexkülls interessierte sich Wolf Langewitz stets auch für die philosophischen Dimensionen der modernen Medizin. Angeregt durch Uexkülls Theorie der Humanmedizin, setzte er sich intensiv mit den dort formulierten Basis-Bausteinen der Integrierten Medizin auseinander. Er war überzeugt, dass sich die psychosomatische Medizin über eine „spezifische Art des Denkens bzw. eine spezifische Art der Konzeptbildung definieren sollte“.

Unvergessen, wie er beispielhaft in seiner Arbeit „Zur Bedeutung des semiotischen Denkens in der psychosomatischen Medizin“ auf wenigen Seiten verständlich einführt in die Semiotik, den Konstruktivismus und die Systemtheorie und aufzeigt, wie sich dieses Theorie-Modell sinnvoll anwenden lässt auf ein klinisches Problem ebenso wie auf zelluläre Prozesse in der Biologie. Bei der didaktischen Vermittlung dieser Theorie-Bausteine einer Integrierten Medizin, insbesondere des Konstruktivismus, leistete Wolf Langewitz einen wichtigen Entwurf für die „Reflektierte Kasuistik“, ein nach wie vor wichtiges Konzept zur Strukturierung von Fall-Diskussionen.

Seine Philosophische Neugierde führte ihn in den letzten Jahren zur „Neuen Phänomenologie“ von Herrmann Schmitz. Auch hier versuchte Wolf Langewitz deren theoretischen Bezugsrahmen nutzbar zu machen für die Weiterentwicklung einer Theorie der Human-Medizin. Seine Arbeiten zum „Konzept der leiblichen Kommunikation“ und zur „Theorie des Atmosphären“ fanden große Beachtung.

2003 wird Wolf Langewitz Mitherausgeber des Lehrbuchs „Uexküll Psychosomatische Medizin“ .Kurz nach seinem Tod erscheint aktuell die neue 9.Auflage, an der er noch intensiv mitarbeitete.

Die AIM verliert mit Wolf Langewitz einen engagierten Mitstreiter für eine Integrierte Medizin, einen Pionier für die Entwicklung kommunikativer Kompetenz in der Medizin und einen warmherzigen, humorvollen und neugierigen Freund.

Für die Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin (AIM)

Werner Geigges

Sprecher des Vorstands

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